Im Februar 2022 ging bei der Meldestelle von Swiss Sport Integrity die Meldung über einen möglichen Ethikverstoss wegen Verletzung der psychischen Integrität durch den Volleyballtrainer des VBC Val-de-Travers, Luiz Souza, ein. Den betroffenen Spielerinnen, dem angeschuldigten Trainer und den Vereinsverantwortlichen wurde die Gelegenheit gegeben, bei Befragungen durch Swiss Sport Integrity Stellung zu nehmen und relevante Dokumente und weitere Untersuchungsmittel einzureichen. Im Dezember 2022 überwies Swiss Sport Integrity den Untersuchungsbericht, zusammen mit den Anträgen zur Beurteilung, an die Disziplinarkammer des Schweizer Sports (DK). In Anwesenheit der Mehrheit der betroffenen Spielerinnen, des angeschuldigten Trainers, der Präsidentin und des Vizepräsidenten des Vereins sowie Swiss Sport Integrity fanden zwei mündliche Verhandlungen statt.
Die DK erklärte in ihrem Urteil die ehemalige Klubpräsidentin Joëlle Roy wegen Gehilfenschaft zu Verletzung der psychischen Integrität (Art. 2.1.2 i.V.m. Art. 2.4) des Verstosses gegen das Ethik-Statut des Schweizer Sports und gegen die Ethik-Charta von Swiss Volley für schuldig. Joëlle Roy wurde zudem wegen Vernachlässigung der Fürsorgepflicht sowie der Verletzungen der Bestimmungen zum Schutz des Verfahrens (2.1.5 und 5.12 des Ethik-Statuts) für schuldig befunden. Der ehemalige Vizepräsident Hervé Roy wurde für dieselben Verstösse für schuldig erklärt.
Joëlle Roy wurde durch die DK verurteilt, da sie bei den Vorfällen mehrfach anwesend war und nicht eingeschritten ist, so wie sie es in ihrer leitenden Funktion hätte tun müssen. Zudem wurde sie mehrfach über das inakzeptable Verhalten von Luiz Souza informiert und deckte ihn, anstatt die Spielerinnen zu schützen. Ausserdem versuchte sie auf verschiedenen Wegen betroffene Spielerinnen davon abzuhalten, Zeugenaussagen bei Swiss Sport Integrity zu machen und damit das Untersuchungsverfahren zu behindern und zu beeinflussen.
Hervé Roy wurde verurteilt, da er das unethische Verhalten von Luiz Souza als akzeptabel einstufte und die Ethik-Verstösse ebenfalls tolerierte, ohne einzuschreiten. Zudem trug er ebenfalls zu der Behinderung und Beeinflussung der Zeugenaussagen beziehungsweise des Untersuchungsverfahrens durch Swiss Sport Integrity bei. Die DK sprach eine Sperre von 18 respektive 6 Monaten aus und sanktionierte Joëlle Roy mit einer Busse von 2’000 und Hervé Roy von 1'500 Franken. Die jeweiligen Sperren sind für sämtliche Sportarten im Schweizer Sport in den leitenden Funktionen eines Vereins wirksam.
Joëlle Roy und Hervé Roy haben den Entscheid der DK nicht angefochten, weshalb er für sie rechtskräftig ist. Der Volleyballtrainer Luiz Souza wurde von der DK ebenfalls verurteilt, ist aber mit einer Berufungserklärung an das internationale Sportschiedsgericht (TAS) gelangt, das Verfahren ist hängig.
Swiss Olympic und Swiss Sport Integrity erinnern daran, dass psychische Gewalt im Schweizer Sport keinen Platz hat. Sportler*innen, Trainer*innen, Vereins- und Verbandsfunktionär*innen sowie alle weiteren Akteur*innen im Schweizer Sport sind verpflichtet, erkannte Ethikverstösse und Missstände Swiss Sport Integrity zur Kenntnis zu bringen und bei Untersuchungen mitzuwirken.