Dezentrale Winterspiele, die zur Schweiz passen, sind machbar

18.10.2023

Ittigen, 18. Oktober 2023. Die Schweiz hat das Potenzial, das Wissen und die Unterstützung der Bevölkerung, um ab 2030 Olympische und Paralympische Winterspiele nach neuem Konzept durchzuführen. Dezentral, auf bestehenden Anlagen, in allen vier Sprachregionen und weitgehend privatfinanziert. Zu diesem Schluss kommt die Machbarkeitsstudie von Swiss Olympic, den olympischen Wintersportverbänden und Swiss Paralympic. Nun entscheidet Ende November das Sportparlament über den nächsten Schritt.

Die Schweiz kann zum ersten (para-)olympischen «Host Country» der Geschichte werden und Olympische und Paralympische Winterspiele organisieren, welche die Transformation in eine nachhaltige Gesellschaft in der Schweiz über den Sport hinaus fördern. Die heute veröffentlichte Machbarkeitsstudie, die Swiss Olympic zusammen mit den olympischen Wintersportverbänden und Swiss Paralympic erarbeitet hat, zeigt, dass die Vision Switzerland 203x – und damit Olympische und Paralympische Spiele, die zur Schweiz passen – realisierbar ist.

«Der Exekutivrat von Swiss Olympic hat die Machbarkeitsstudie analysiert. Nach der gestrigen Sitzung stellt er dem Sportparlament den Antrag, an seiner Versammlung am 24. November gegenüber dem IOC die Bereitschaft zu erklären, in die nächste Dialogphase für Olympische und Paralympische Winterspiele in der Schweiz einzutreten», sagt Jürg Stahl, als Präsident von Swiss Olympic der Auftraggeber der Studie.

Der Fokus liegt dabei auf der Austragung der Olympischen und Paralympischen Spiele im Jahr 2030. 2034 bleibt als alternatives Austragungsjahr eine Option.

Die Machbarkeitsstudie ist das Ergebnis eines intensiven Prozesses, dem sich die Beteiligten in den vergangenen sechs Monaten gewidmet haben. Dazu wurden zahlreiche Expertinnen und Experten befragt und Stakeholder aus vielen Bereichen der Gesellschaft abgeholt.

«Die olympische Bewegung steht am Anfang einer neuen Ära – mit möglichst nachhaltig organisierten Spielen, von denen viele Bereiche der Gesellschaft profitieren sollen», sagt Ruth Wipfli Steinegger, Vizepräsidentin von Swiss Olympic und Leiterin des Projekt-Lenkungsausschusses für Olympische und Paralympische Spiele in der Schweiz. «Die Machbarkeitsstudie bestärkt uns in der Vision, dass die Schweiz mit ihrer Innovationskraft den Start in diese neue Ära prägen kann – und dass solche Spiele die Kraft haben, auch die Schweiz vorwärtszubringen.»

Urs Lehmann, Swiss-Ski-Präsident und Mitglied des Lenkungsausschusses, sagt: «Die Schweiz ist in der glücklichen Lage, bereits über praktisch sämtliche benötigten Infrastrukturen – von den Sportstätten über die Unterkünfte bis zum Verkehrsnetz – zu verfügen. Packen wir diese Chance! Und machen wir aus Olympischen und Paralympischen Winterspielen nicht bloss einen unvergesslichen Sportanlass, sondern ein nachhaltiges Impulsprogramm für die Schweiz und den Schweizer Sport.»

Grösstmögliche Nachhaltigkeit dank bestehenden Anlagen
Bislang waren es Städte oder Regionen, die Olympische und Paralympische Spiele ausgetragen haben. Neu lässt das IOC im Sinne der Nachhaltigkeit auch Bewerbungen mit nationalem Ansatz zu. Die Studie zeigt auf, dass die Winterspiele in der Schweiz dank dezentralem Konzept vollständig auf bestehender Infrastruktur ausgetragen werden könnten. Von der Waadt über das Wallis und Zürich bis Graubünden. Das sorgt für grösstmögliche Nachhaltigkeit und entlastet das Organisationsbudget markant. Bis 2027 finden mindestens in 9, vielleicht sogar 10 von 14 Olympia-Sportarten Weltmeisterschaften in der Schweiz statt. Auf dieser Infrastruktur und diesem Event-Knowhow würden Olympische und Paralympische Spiele aufbauen.

Gemäss dem Venue Working Plan sind Wettkämpfe an zwölf Standorten in allen vier Sprachregionen vorgesehen. Die angefragten Standortgemeinden und -kantone haben bereits ihre Interessensbekundungen abgegeben. Die Eröffnungsfeier wäre in Lausanne, die Schlussfeier in Bern geplant. Noch zu klären sind die Voraussetzungen im Kanton Tessin und in den Sportarten Curling und Eisschnelllauf. Im Eisschnelllauf, wo eine Infrastruktur fehlt, würde eine Lösung im nahen Ausland gesucht. So oder so kann es im Venue Plan noch zu Anpassungen kommen. Die vorgesehenen Standorte für die Paralympischen Winterspiele entsprechen in der Regel denjenigen der Olympischen Winterspiele.

Basierend auf diesem Venue Plan kommt die Finanzierungsanalyse zum Schluss, dass das Organisationsbudget mit privaten Mitteln finanziert werden kann. Die Austragung von Olympischen und Paralympischen Spielen in der Schweiz kann gemäss diesen Berechnungen Einnahmen in der Höhe von 1,5 Mia. Franken generieren. Für fast die Hälfte davon, 710 Millionen, sorgt der finanzielle Beitrag des IOC. Der Rest stammt hauptsächlich aus Sponsoring und Ticketverkauf. «Mit diesen Einnahmen und entlang dem sogenannten «built-to-budget»-Ansatz gelingt es, die operativen Ausgaben der Spiele zu finanzieren», sagt Urs Lehmann. In dieser Budgetberechnung enthalten ist auch eine blockierte Reserve von 200 Millionen Franken.

Für die Durchführung der Paralympischen Spiele sollen Bund und Kantone für eine finanzielle Beteiligung von je 50 Millionen Franken angefragt werden. Auch in die Bereiche Legacy (Vermächtnis der Spiele) und Sicherheit würde die öffentliche Hand investieren.

Repräsentative Umfrage: 67 Prozent der Bevölkerung unterstützen die Idee
Swiss Olympic hatte stets betont, dass die Unterstützung der Bevölkerung für ein neuerliches Projekt Olympische und Paralympische Winterspiele in der Schweiz gegeben sein muss. Die repräsentative Bevölkerungsumfrage war deshalb ein zentraler Punkt der Machbarkeitsstudie. In der vom Meinungsforschungsinstitut gfs.bern durchgeführten Umfrage gaben 67 Prozent der Befragten an, dass sie Olympische und Paralympische Spiele in der Schweiz im Grundsatz befürworten. Ruth Wipfli Steinegger sagt: «Aus Sicht des Lenkungsausschusses und des Kernteams und nun auch des Exekutivrats von Swiss Olympic ist dies ein starkes Zeichen dafür, die Vision weiterzuverfolgen.» Urs Lehmann ergänzt: «Diese klare Zustimmung freut mich besonders, nachdem die letzten Schweizer Kandidatur-Projekte vor allem am Volkswillen gescheitert sind.»

Legacy dank Unterstützung aus verschiedenen Bereichen der Gesellschaft
Eine Legacy, also ein Vermächtnis, über die Dauer der Veranstaltung und weit über verschiedene Gesellschaftsbereiche zu schaffen, gehört zu den grossen Zielen und gleichzeitig zu den Herausforderungen bei der Organisation von Olympischen und Paralympischen Spielen. Die Verantwortlichen haben die Ambition, die Winterspiele als Plattform zu nutzen, um in der ganzen Schweiz langfristige, nachhaltige und positive Auswirkungen auf Gesellschaft, Umwelt, Wirtschaft und Sport zu erzielen. Bei richtiger Einbindung, Planung und Durchführung der Spiele mit dem neuen Konzept können diese Ziele gemäss Machbarkeitsstudie erreicht werden. «Gleichzeitig wird klar: Die Entwicklung und Umsetzung der Legacy von Olympischen und Paralympischen Spielen in der Schweiz soll nicht Aufgabe des Sports allein sein. Dazu braucht es ergänzende Unterstützung aus den verschiedenen Bereichen der Gesellschaft. Darunter auch aus dem öffentlich-rechtlichen Bereich», sagt Ruth Wipfli Steinegger.

Entscheid des Sportparlaments Ende November
Stimmt das Sportparlament am 24. November dem Antrag zu, mit dem IOC in die nächste Dialogstufe einzutreten und nimmt das IOC danach das Schweizer Olympiaprojekt in diesen sogenannten «gezielten Dialog» auf, wird das Projekt danach gemeinsam vertieft. Die Vergabe der Spiele 2030 und 2034 ist vom IOC für 2024 vorgesehen, wenn möglich im Rahmen einer Doppelvergabe. «Für uns alle steht fest, dass die Diskussion mit den Interessensgruppen aus den verschiedenen Bereichen der Gesellschaft und der Politik auch in einer allfälligen nächsten Phase ab Ende November intensiv gepflegt werden wird», sagt Swiss-Olympic-Präsident Jürg Stahl.

Die Machbarkeitsstudie findet sich auf der Website von Swiss Olympic.